Heizungsgesetz in Gefahr: Verband warnt
Die Bundesregierung plant, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) grundlegend zu verändern – und stößt auf massiven Widerstand. Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) warnt vor einem Bruch mit der bisherigen Wärmewende-Politik. Besonders kritisch sieht der Verband die mögliche Streichung des § 71 GEG, der den Einsatz erneuerbarer Energien beim Heizen vorschreibt. Ein neues Rechtsgutachten stützt diese Warnung: Das Vorhaben könnte gegen Verfassungs- und Europarecht verstoßen – mit gravierenden Folgen für Klimaziele und Heizungsbranche.
Das Wichtigste in Kürze
Inhaltsverzeichnis
- Warum warnt der Bundesverband Wärmepumpe vor der Reform des Heizungsgesetzes?
- Bundesregierung plant Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes
- Wärmepumpenbranche schlägt Alarm
- Rechtsgutachten sieht Verstöße gegen Grundgesetz und EU-Recht
- Folgen für Wärmewende und Marktstabilität
- Klimaschutzpflicht des Staates nach Artikel 20 a Grundgesetz
- Europäische Klimaziele setzen klare Grenzen
- Fazit
- Der Bundesverband Wärmepumpe warnt vor einer radikalen Reform des Gebäudeenergiegesetzes.
- Die Regierung plant, das „Heizungsgesetz“ abzuschaffen und § 71 GEG zu streichen.
- Laut Rechtsgutachten wäre das rechtlich problematisch und gefährde Klimaziele.
- Die Wärmepumpenbranche boomt – über 188.000 Anlagen wurden 2025 verkauft.
- Eine Abschaffung der 65 %-Regel könnte die Wärmewende massiv bremsen.
Warum warnt der Bundesverband Wärmepumpe vor der Reform des Heizungsgesetzes?
Der Verband befürchtet, dass die geplante Streichung von § 71 GEG den Erfolg der Wärmewende gefährdet, gegen Verfassungs- und Europarecht verstößt und die positive Marktentwicklung bei Wärmepumpen abrupt stoppen könnte.
Bundesregierung plant Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes
Die schwarz-rote Bundesregierung plant laut Koalitionsvertrag, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) grundlegend umzubauen. Ziel ist ein „technologieoffeneres, flexibleres und einfacheres“ Regelwerk. Konkret soll das sogenannte Heizungsgesetz, also § 71 GEG, gestrichen werden. Dieser Paragraph verpflichtet Hausbesitzer, neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien zu betreiben.
Bisher gilt diese Vorgabe nur für Neubauten in Neubaugebieten. Für Bestandsgebäude greift sie erst nach Einführung der kommunalen Wärmeplanung, je nach Größe der Gemeinde zwischen 2026 und 2028. Die Regierung argumentiert, das Gesetz sei zu komplex und bürokratisch. Kritiker sehen darin jedoch eine Abkehr vom Klimaschutzkurs, da klare Pflichten durch freiwillige Ziele ersetzt würden.
Wärmepumpenbranche schlägt Alarm
Der Bundesverband Wärmepumpe reagiert mit deutlicher Kritik. Geschäftsführer Martin Sabel fordert Stabilität statt Kurswechsel. Er betont, dass die Wärmewende Kontinuität und Planungssicherheit brauche. Die aktuellen Verkaufszahlen sprächen für sich: Im ersten Halbjahr 2025 wurden 139.500 Wärmepumpen verkauft – ein Anstieg von 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Bis Ende August waren es bereits 188.000 Anlagen, und für das Gesamtjahr werden rund 280.000 Stück erwartet. Laut Verband ist die staatliche Förderung entscheidend für diesen Boom. Ein politisches Signal gegen das GEG könnte jedoch das Vertrauen der Verbraucher und Hersteller zerstören. Sabel warnt: „Eine abrupte Änderung würde den Markt schockieren und den Fortschritt der Wärmewende stoppen.“
Rechtsgutachten sieht Verstöße gegen Grundgesetz und EU-Recht
Ein vom Bundesverband beauftragtes Rechtsgutachten der Energierechtskanzlei re | Rechtsanwälte, verfasst von Dr. Miriam Vollmer, stützt die Warnung. Demnach könnte die Streichung von § 71 GEG sowohl gegen deutsches Verfassungsrecht als auch gegen Europarecht verstoßen. Das Gutachten verweist auf Artikel 20 a des Grundgesetzes, der den Staat verpflichtet, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen.
Eine Rücknahme der 65 %-Regelung würde diese Schutzpflicht verletzen und zugleich die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen beeinträchtigen. Auf europäischer Ebene verweisen die Juristen auf verbindliche Vorgaben wie die EU-Lastenteilungsverordnung, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie und die EU-Gebäuderichtlinie. Diese Regelwerke schreiben verbindliche Maßnahmen zur Emissionsreduktion im Gebäudesektor vor. Eine Abschaffung der 65 %-Regel wäre damit kaum vereinbar.
Folgen für Wärmewende und Marktstabilität
Die Unsicherheit über den rechtlichen Rahmen gefährdet laut Verband die gesamte Wärmewende. Verbraucher und Installationsbetriebe brauchen langfristige Planungssicherheit. Wird der rechtliche Rahmen ständig geändert, könnten Investitionen in klimafreundliche Heiztechnologien einbrechen.
Der Verband warnt, dass ein solcher Rückschritt den Absatz erneuerbarer Heizsysteme massiv dämpfen würde. Wärmepumpenhersteller haben ihre Produktionskapazitäten ausgebaut, Handwerker weitergebildet und Lieferketten optimiert – all das steht nun auf dem Spiel. Eine abrupte Änderung ohne klare Übergangsregelungen könnte nicht nur die Klimaziele gefährden, sondern auch Arbeitsplätze im Heizungsbau und der Industrie kosten.
Klimaschutzpflicht des Staates nach Artikel 20 a Grundgesetz
Artikel 20 a GG verpflichtet den deutschen Staat, auch im Interesse künftiger Generationen für den Schutz der Umwelt zu sorgen. Nach Ansicht des Gutachtens verletzt eine Rücknahme des § 71 diese Pflicht. Denn unterlassener Klimaschutz bedeutet Einschränkungen für die Freiheitsrechte kommender Generationen.
Der Gesetzgeber müsse deshalb sicherstellen, dass der Gebäudesektor seinen Beitrag zur Emissionsminderung leistet. Die Wärmewende gilt als zentraler Bestandteil dieser Verpflichtung. Die Abschaffung der gesetzlichen Vorgabe könnte vor Gericht als verfassungswidrig gelten, da sie den Klimaschutz als Staatsziel aushöhlt. Damit stünde Deutschland vor einem möglichen verfassungsrechtlichen Konflikt.
Europäische Klimaziele setzen klare Grenzen
Auch europarechtlich ist die Lage eindeutig. Die EU-Lastenteilungsverordnung verpflichtet Deutschland, seine Emissionen im Gebäudesektor deutlich zu senken. Ebenso fordert die Erneuerbare-Energien-Richtlinie steigende Anteile erneuerbarer Energien beim Heizen. Mit der EU-Gebäuderichtlinie wird zudem der Fokus auf Energieeffizienz und CO₂-arme Technologien gelegt.
Diese Vorgaben sind für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Dr. Vollmer betont: „In der Gesamtbetrachtung trägt die 65 %-Regelung erheblich dazu bei, die EU-Klimaziele zu erreichen.“ Eine Streichung wäre daher nicht nur politisch riskant, sondern rechtlich kaum haltbar. Auch eine Änderung der EU-Vorgaben sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Das geplante Vorgehen der Regierung könnte somit gegen geltendes Europarecht verstoßen und Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof nach sich ziehen.
Fazit
Die geplante Radikalreform des Gebäudeenergiegesetzes löst massive Kritik aus. Der Bundesverband Wärmepumpe warnt vor Marktverwerfungen, rechtlichen Risiken und Rückschritten beim Klimaschutz. Das Rechtsgutachten zeigt: Eine Abschaffung der 65 %-Regel wäre verfassungs- und europarechtlich hochproblematisch. Statt Unsicherheit zu schaffen, braucht die Wärmewende Stabilität, Förderung und klare politische Signale. Nur so lässt sich das Vertrauen in den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme erhalten.
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